FAQ - Antworten

1. Zweck der arbeitsmedizinischen Vorsorge

Was bezwecken Vorsorgen?

Die Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung, kurz ArbMedVV, hat zum Ziel „durch Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge arbeitsbedingte Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten frühzeitig zu erkennen und zu ver-hüten. Arbeitsmedizinische Vorsorge soll zugleich einen Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und zur Fortentwicklung des betrieblichen Gesundheitsschutzes leisten.“ (siehe §1(1) der ArbMedVV)

2. Arbeitsmedizinische Vorsorge ist…

Was ist eine „arbeitsmedizinische Vorsorge“?

  • „Teil der arbeitsmedizinischen Präventionsmaßnahmen im Betrieb“,
  • „dient der Beurteilung der individuellen Wechselwirkungen von Arbeit und physischer und psychischer Gesundheit und
  • der Früherkennung arbeitsbedingter Gesundheitsstörungen sowie
  • der Feststellung, ob bei Ausübung einer bestimmten Tätigkeit eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung besteht“. (siehe §2(1)1. bis 2.)

3. Inhalt der Vorsorge

Was passiert in einer Vorsorge?

„Eine Vorsorge beinhaltet ein ärztliches Beratungsgespräch mit Anamnese einschließlich Arbeitsanamnese sowie körperliche oder klinische Untersuchungen, soweit diese für die individuelle Aufklärung und Beratung erforderlich sind und der oder die Beschäftigte diese Untersuchungen nicht ablehnt.“ Sie umfasst weiterhin „die Nutzung von Erkenntnissen aus der Vorsorge für die Gefährdungsbeurteilung und für sonstige Maßnahmen des Arbeitsschutzes.“ (siehe ArbMedVV § 2 (1) 3. bis 4.)

Letzteres bedeutet, dass Erkenntnisse, beispielsweise über kritische Arbeitsbedingungen, vom Betriebsarzt für die Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung oder die Beratung des Unternehmers zur Umsetzung von Maßnahmen zum Gesundheitsschutz bei der Arbeit weiter gegeben werden.

Wichtig zu betonen ist, dass der Betriebsarzt genaue Kenntnis der Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter benötigt, um Aufklärung und Beratung durchführen zu können. Hilfreich sind hier Teilnahme an regelmäßigen Begehungen und Beteiligung an der Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung. Auch der Zugang zur aktuellen Gefährdungsbeurteilung ist hilfreich (siehe auch AMR 3.1).

4. Begriff der Vorsorge ersetzt Begriff Untersuchung

Warum heißt es seit der Novellierung der ArbMedVV, nur noch Vorsorge?

Der Begriff „Untersuchung“ impliziert, dass es bei Vorsorgen immer eine körperliche Komponente im betriebsärztlichen Tun gibt. Wegen der grundgesetzlich zugesicherten körperlichen Unversehrtheit einerseits (Der Mitarbeiter darf eine körperliche Untersuchung ablehnen.) und andererseits, weil der Betriebsarzt befinden kann, dass für die Vorsorge keine körperliche Untersuchung nützlich ist (Es nicht selten so, dass es keinen Beleg für den Nutzen invasiver oder sonstiger Untersuchungsmethoden gibt.), ist eine Vorsorge auch komplett, wenn keine körperliche Untersuchung stattfindet, sondern nur eine Beratung. Das Wort “Untersuchung” ist folgerichtig in der gesamten Verordnung entfernt worden.

5. Bedeutung der „Grundsätze“

Was hat es mit „G-Sätzen“ auf sich?

G-Sätze sind sogenannte Grundsätze, die von den Berufsgenossenschaften herausgegeben werden. Diese Grundsätze sind Hinweise, die sich an Ärzte richten und geben wieder, was nach Ansicht der Berufsgenossenschaften In-halt einer Vorsorge sein sollte. Sie sind nicht bindend für den Arzt. Sie liegen ak-tuell in 6. Auflage vor. Die DGUV Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorge-untersuchungen sind jedoch derzeit in der Diskussion. Mit dem Inkrafttreten der ArbMedVV sind es die Bezeichnungen der Arb-MedVV die in ihrem Anhang genannt werden, welche verwendet werden müssen (also für (alt) G37 nun (neu) Vorsorge bei „Tätigkeiten an Bildschirmgeräten“).

6. Zuordnung von Vorsorgen zu Mitarbeitern

Wie finde ich heraus, welche Vorsorgen mein Unternehmen unseren Mitarbeitern anbieten oder bei Mitarbeitern durchführen lassen muss? Hängt das von der Berufsgruppe ab?

Die Verpflichtung zur Organisation von Vorsorgen richtet sich nach der Arb-MedVV (staatliches Recht). In dieser Verordnung werden die Begriffe „Angebotsvorsorge“, „Pflichtvorsorge“ und „Wunschvorsorge“ verwendet bzw. definiert. Von diesen wird „Eignungsuntersuchung“ oder „Einstellungsuntersuchung“ streng abgegrenzt. Ansonsten ist die Basis erforderliche Vorsorgen immer die unternehmensspezifische Gefährdungsbeurteilung. Die Zuordnung von Mitarbeitern zu Vorsorgen über deren Zugehörigkeit zu ei-ner bestimmten Abteilung kann nur erfolgen, wenn die Gefährdungsbeurtei-lung bestätigt, dass alle Mitarbeiter einer Abteilung denselben Gefährdungen ausgesetzt sind.

Arbeiten in einer Abteilung beispielsweise Personen unterschiedlicher Berufsgruppen oder führen unterschiedliche Tätigkeiten (Arbeiter, Vorarbeiter, Abteilungsleiter) aus, so muss eine tätigkeits- oder personenbezogene Gefährdungsbeurteilung erfolgen, um die (verordnungskonforme) Zuordnung zu Vorsorgen (als Maßnahme aus der Gefährdungsbeurteilung resultierend) zu erlauben.

7. Gefährdungsbeurteilung

Was ist eine Gefährdungsbeurteilung?

Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Steuer-Dokument für den Gesundheitsschutz im Unternehmen. Es fasst aus verschiedenen Blickwinkeln (Verordnungen, Gefährdungsfaktoren) und Bezügen (Abteilung, Tätigkeit, Arbeitsplatz)

  • die auf Mitarbeiter einwirkenden Gefährdungen,
  • die (geplanten und umgesetzten) Maßnahmen zur Verringerung der Gefährdungen sowie
  • die Ergebnisse von Wirkungskontrollen zusammen. Bei der Erstellung sollte sich der Unternehmer von seiner Fachkraft für Arbeitssicherheit und seinem Betriebsarzt beraten lassen. Das Dokument wird spätestens alle zwei Jahre auf Aktualität überprüft und ggf. angepasst. Erkenntnisse aus Begehungen und Vorsorgen sollen Eingang finden.

8. Pflichtvorsorge

Was ist eine Pflichtvorsorge?

Eine Pflichtvorsorge ist eine Vorsorge, bei der eine Gefährdung ein solch einem Ausmaß einwirkt, dass entweder mit dem Entstehen einer Berufskrankheit ge-rechnet werden muss oder das Entstehen nicht sicher ausgeschlossen werden kann. Die ArbMedVV sagt dazu (§2(2) der Verordnung): „Pflichtvorsorge ist arbeitsmedizinische Vorsorge, die bei bestimmten besonders gefährdenden Tätigkeiten veranlasst werden muss.“ Diese „bestimmten Tätigkeiten werden im Anhang der Verordnung konkretisiert“. Die Teilnahme ist verpflichtend. Liegt keine aktuelle Teilnahmebescheinigung vor, darf der Unternehmer den Mitarbeiter mit der gefährdenden Tätigkeit nicht beschäftigen.

9. Angebotsvorsorge

Was ist eine Angebotsvorsorge?

Eine Angebotsvorsorge ist eine Vorsorge, bei der zwar eine Gefährdung einwirkt, aber im Regelfall nicht mit dem Entstehen einer Berufskrankheit zu rechnen ist. Sie wird dem Mitarbeiter nach den Eckpunkten der AMR 3.1. angeboten und kann folgenfrei abgelehnt werden. Die ArbMedVV (§2(3) der Verordnung) sagt: „Pflichtvorsorge ist arbeitsmedizinische Vorsorge, die bei bestimmten besonders gefährdenden Tätigkeiten veranlasst werden muss.“ Diese „bestimmten Tätigkeiten werden im Anhang der Verordnung konkretisiert“.

10. Wunschvorsorge

Was ist eine Wunschvorsorge?

Die ArbMedVV (§2(4) der Verordnung) führt aus: „Wunschvorsorge ist arbeitsmedizinische Vorsorge, die bei Tätigkeiten, bei denen ein Gesundheitsschaden nicht ausgeschlossen werden kann, auf Wunsch des oder der Beschäftigten ermöglicht werden muss. Die Tätigkeiten, auf die sich dieser Passus bezieht, müssen in der Gefährdungsbeurteilung des Unternehmens bezeichnet werden. Die Initiative für die Durchführung einer solchen Wunschvorsorge muss vom Mitarbeiter ausgehen.

11. Eignungs- und Einstellungsuntersuchungen

Was ist eine Eignungsuntersuchung oder Einstellungsuntersuchung?

Arbeitsmedizinische Vorsorge „umfasst nicht den Nachweis der gesundheitlichen Eignung für berufliche Anforderungen nach sonstigen Rechtsvorschriften oder individual- oder kollektivrechtlichen Vereinbarungen. (siehe ArbMedVV §2(1)5.) Die ArbMedVV behandelt im Schwerpunkt Vorsorgeanlässe bei Einwirken von betrieblichen Gefährdungsfaktoren.

Aus medizinischer Sicht muss von der Durchführung von Eignungs- oder Einstellungsuntersuchungen abgeraten werden, weil es schlicht unmöglich ist, mit für das Unternehmen bezahlbarem Aufwand eine belastbare Aussage zu treffen. Und wenn eine solche Untersuchung durchgeführt wird, ist der Zeithorizont für die Gültigkeit der Aussage etwa vier bis sechs Wochen.

Aus Sicht des BMAS sind Eignungsuntersuchungen ohne Anlass nicht erlaubt. Vor Vertragsabschluss sind Einstellungsuntersuchungen unter bestimmten Bedingungen möglich (Schreiben des BMAS).

12. Zeitpunkt der Durchführung von Vorsorgen

Wann müssen Vorsorgen erstmals angeboten oder durchgeführt werden, wann das nächste Mal?

Die ArbMedVV wird durch diverse sog. Arbeitsmedizinische Regeln, kurz AMR ergänzt. Auch diese richten sich überwiegend an den Unternehmer. Die Frage der Zeitpunkte für die Durchführung wird in der AMR 2.1 im Punkt 3 beantwortet. Vor erstmaliger Aufnahme einer gefährdenden Tätigkeit „(1) Die erste Vorsorge muss innerhalb von drei Monaten vor Aufnahme der Tätigkeit veranlasst oder angeboten werden.“ Während der Ausübung einer gefährdenden Tätigkeit „(2) Die zweite Vorsorge muss a) bei Tätigkeiten mit Exposition gegenüber atemwegssensibilisierend oder hautsensibilisierend wirkendenden Gefahrstoffen (nach Gefährdungsbeurteilung „H334“ oder „H317“ im Sinne der CLP-Verordnung) bzw. sensibilisierend oder toxisch wirkenden biologischen Arbeitsstoffen sowie bei Feuchtarbeit spätestens sechs Monate, b) bei Tätigkeiten in Tropen, Subtropen und sonstigen Auslandsaufenthalten mit besonderen klima-tischen Belastungen und Infektionsgefährdungen spätestens 24 Monate, c) bei allen nicht in Buchstabe a oder b genannten Vorsorgeanlässen spätestens zwölf Monate nach Aufnahme der Tätigkeit veranlasst bzw. angeboten wer-den. (3) Jede weitere Vorsorge einschließlich nachgehender Vorsorge muss spätestens 36 Monate nach der vorangegangen Vorsorge veranlasst bzw. angeboten werden“. Nach Beendigung einer gefährdenden Tätigkeit Der Anhang der ArbMedVV weist bei bestimmten Tätigkeiten auf die Notwendigkeit einer sog. nachgehenden Vorsorge hin (z.B. Tätigkeiten mit Exposition gegenüber einem Gefahrstoff, der krebserzeugend oder erbgutverändernd ist).

13. Bescheinigung

Erhält das Unternehmen eine Bescheinigung, und geht daraus hervor, wann die Vorsorge wiederholt werden soll?

Das Unternehmen erhält eine Bescheinigung (siehe auch AMR 6.3). Darin sind neben den Daten zum Mitarbeiter und zur Tätigkeit bzw. der Gefährdung das Datum der Vorsorge und im Regelfall der Termin der nächsten Vorsorge angegeben. Ansonsten soll das Unternehmen die AMR 2.1 berücksichtigen.

14. Zeitbedarf

Wie lange dauert eine Vorsorge oder dauert mehrere Vorsorgen?

Der Zeitbedarf richtet sich nach dem erforderlichen Aufwand. Dieser ist wegen der möglichen Ablehnung von Vorsorgeinhalten („Untersuchung“) und der ggf. mehr oder weniger aufwendigen, notwendigen individuellen Beratung nicht genau vorhersagbar.

Wenn es gelingt, dem Mitarbeiter im Rahmen der Einladung (für die Angebots-vorsorge siehe AMR 5.1) verständlich zu machen, welche Wahlmöglichkeiten er hat, und trifft der Mitarbeiter im Vorfeld die Entscheidung, ob er ein „Untersuchungs“-Angebot annehmen möchte oder nicht, könnten kürzere Zeiten angenommen werden, wenn eine Untersuchung nicht in Anspruch genommen wird und dieser Umstand in der Zeitplanung Berücksichtigung finden. Ansonsten können selbstverständlich typische Zeiten für einzelne oder kombinierte Vorsorgen zu Grunde gelegt werden.

Bitte, erkundigen Sie sich bei Ihrem Betriebsarzt.

15. Einladung zu Vorsorgen

Wie soll das Angebot einer Vorsorge formuliert werden?

Für den Fall einer Angebotsvorsorge wurden die Anforderungen an die Einladung in der AMR 5.1 zusammengefasst (auf den Seiten der BAUA finden Sie auch ein Musterschreiben). Es fällt auf, dass der Mitarbeiter über den Vorsorgeanlass umfassend informiert wird und sogar ein Auszug aus der Gefährdungsbeurteilung angefügt werden kann.

Dieses Musterschreiben kann natürlich leicht verändert (Hinweis auf die verpflichtende Teilnahme als Tätigkeitsvoraussetzung) auch für die Einladung zu einer Pflichtvorsorge verwendet werden. Die sprachlichen Fähigkeiten der Mitarbeiter müssen berücksichtigt und nötigenfalls die Einladung auch in anderen Sprachen ausgesprochen werden.